Leserbrief zur WDSF-Aktion
Diese Nachricht erhielten wir nach unserem Artikel über den Protest der Wal- und Delfinschützer. Vielen Dank an Familie Schürbusch.
Vorab möchte ich sagen, dass ich vernünftigen Tierschutz absolut respektiere und unterstütze. Jeder Mensch, der sich für ein Lebewesen einsetzt, verdient Anerkennung.
Ich bin die Mutter eines behinderten Kindes. Mein Sohn hat eine Entwicklungsstörung und ein Anfallsleiden. Wir sind in der Vergangenheit mehr im Krankenhaus gewesen, als Zuhause. Nach mehr als 30 Krämpfen war meine Kraft am Ende. Immer und immer wieder sah ich mein regungsloses, blau angelaufenes Kind krampfen, konnte ihn 3 Jahre lang nicht 1 Sekunde aus den Augen lassen. Dann verzögerte sich seine Entwicklung und er konnte viele Sachen nicht, die Gleichaltrige schon lange beherrschten. Auch das zu erleben zerriss mir das Herz. Ich hatte kein normales Leben.
Mit 3 Jahren sprach er kein Wort, erkannte keine Gefahren und fiel immer wieder hin. Mein Leben bestand aus Angst, Zukunftszweifeln und Therapiebesuchen.
Der Besuch in Antalya war definitiv der erste sichtbare Fortschritt. Er begann zu sprechen, lernte die Treppe alleine hochzugehen und wurde viel offener und selbstständiger (hört sich eventuell lapidar an, war für uns aber ein ganz wichtiger Erfolg). Ich bin ohne Erwartungen in die Therapie gegangen und wurde Zeuge einer leider nicht bewiesenen, aber wirkungsvollen Therapie. Jeder noch so kleine Schritt war für uns wertvoll. Ich kann weder erklären, noch belegen, dass die Delfin-Therapie das Alles bewirkt hat, aber ich habe ein anderes Kind mit nach Hause genommen. Und ich bin mir sicher, dass die sofort einsetzenden Fortschritte definitiv auf die Therapie zurück zu führen sind. Ich habe viele Eltern mit behinderten Kindern kennengelernt und es gibt einen Grund, warum alle, die es erlebt haben nur Positiv berichten. In dem Jahr danach wurde klar, dass unser Kind voraussichtlich nicht auf die Schwerstbehinderten-Schule muss, sondern auf eine Förderschule gehen kann. Das wird seine Zukunft sein, für die ich alles tun werde.
So, nun zu WDSF. Im Vorfeld gab es etliche Diskussionen auf verschiedenen Facebook-Seiten, an denen auch ich mich beteiligt habe. Vielleicht kann es niemand nachempfinden, aber wenn ein Delfin meinem Kind ein normaleres Leben ermöglicht hat, dann bin ich dankbar für diese Möglichkeit. Die Sache ist nur deswegen so heiß diskutiert worden, weil die Menschen hinter WDSF die Meinung von mir und auch anderen Müttern/Personen nicht akzeptieren, ja noch nicht mal hören wollten. Statt dessen löschte man unsere Beiträge und bezichtigte uns als Fake-Profile. Mir ist ebenfalls egal, ob sie die Reaktionen von den Menschen aus der Türkei und aus Deutschland als Werbung für das Delfin-Zentrum deklarierten. Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, ein persönliches Gespräch mit den Initiatoren zu erwirken, habe 3 Mal mit der Sekretärin gesprochen und sollte laut Aussage einen Rückruf bekommen. In einer E-Mail verlangte man vorher von mir eine Entschuldigung für meine Äußerungen. Zurückgerufen hat nie jemand! Aussen vor steht der Einsatz den die Organisation gegen Delfin-Shows zeigt. Ich beziehe mich hier ausschließlich auf Antalya. Ich war 2 Wochen vor Ort, habe 2 Wochen die Haltung, Pflege und den Umgang mit den Tieren mitbekommen. Natürlich ist das nicht der natürliche Lebensraum der Tiere.
Und wo wollen wir anfangen, wenn es um Tierschutz geht. Keine Zoo-Besuche mehr, Veganer werden (z.B. keine Eier mehr essen (Legebatterien in Deutschland sind mit Sicherheit grausamer, als Delfine, die zumindest in ihrem Element leben), keine Arzneien mehr nehmen, keine Kosmetika, keine Kleidung etc. Aber darum geht es nicht. Ich habe Antalya gewählt, gerade weil die Tiere nicht in einem Pool leben. Nochmal, ich weiß, dass die Tiere artgerecht gehalten werden, sich aber nicht in Ihrer natürlichen Umgebung befinden. Aber steht in diesem Falle das Tierrecht vor dem Menschenrecht??? Ich lasse mein Kind nicht auf der Kirmes auf Ponys reiten, die den ganzen Tag im Kreis laufen müssen, aber ich möchte meinem behinderten Kind alles bieten, damit es in der Zukunft ein einigermaßen integriertes Leben führen kann. Und ihm hat nun mal kein an Tieren getestetes Medikament geholfen, sondern ein Delfin. Ist das von mir unfair dem Delfin gegenüber??
Solange ich das Gefühl habe, das der Delfin nicht gequält und in unzumutbaren Verhältnissen gehalten wird, um kranken Kindern zu helfen, nehme ich die „Dienstleistung“ für mein Kind in Anspruch, so wie es JEDER für sein Kind tun würde.
Ich weiß, dass ich mit diesem Brief wieder eine Diskussion auslöse und das bestimmte Menschen wieder mit den gleichen Argumenten kommen. Genau diese Menschen sollten reflektieren, statt pauschalisieren und den Austausch mit Betroffenen Eltern suchen, BEVOR sie urteilen. Jeder Mensch sollte froh sein, wenn er ein gesundes Kind hat und sich nicht noch vor sogenannten Tierschützern als Unterstützer von Tierquälern hinstellen lassen muss, nur weil man für sein Kind kämpft.
Ich hoffe auf diesen Brief folgen Reaktionen von Menschen, die mich verstehen, unfaire und profilneurotische Aussagen angeblicher Tierschützer brauche ich nicht mehr.
WDSF soll sich weiter für gequälte Delfine und andere Tiere einsetzen, aber stellt die Bedürfnisse von Kindern nicht gleichauf mit Geldmachern von Delfinshows.
Gezeichnet
Familie Schürbusch
Liebe Familie Schürbusch,
wir finden diesen Beitrag super und sehen das genauso wie sie. Wir haben auch zwei beeinträchtigte Kinder und waren schon zwei Mal zur Delfintherapie in Antalya. Auch dieses Jahr wiederholen wir dies, egal was von den Tierschützern gesagt wird.